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Die Welt ist ein Dorf- Norwegen im Schnelldurchlauf III (04.08.2016)

 

 

Aufgrund dessen, dass es im hohen Norden momentan des Nächtens immernoch nicht richtig finster werden wollte, hatte ich reichlich Zeit, meine Umgebung ausgiebig bei recht guten Beleuchtungsverhältnissen zu studieren. Doch ich hätte mir noch sehr viel mehr Zeit gewünscht, das Land und vor allem die Menschen darin zu erkunden. Je mehr ich darüber nachdenke, desto stärker bin ich gewillt, besser gleich morgen als irgendwann später in das Land meiner diesjährigen Reise zurückzukehren.

Vorerst werde ich aber wohl doch von Erinnerungen zehren müssen. Oder sollte ich gerechterweise besser „dürfen“ schreiben? Ja, ich werde von Erinnerungen zehren dürfen.

 

Sprache:

Auf meiner Reise traf ich unter anderem einen Niederländer, der sich während der Sommerzeit und der damit verbundenen Touristenschwemme (immerhin 25% davon sind Deutsche) als Guide verdingte. Er lebt bereits seit 10 oder 11 Jahren ganzjährig in dem Land, dessen Name zu Wikingerzeiten geprägt worden sein soll, um für Besucher, Handelstreibende oder einfach nur Interessierte (friedlich gesinnt oder nicht) eine Art Wegbeschreibung abzuliefern, da man die Bewohner schließlich auch damals schon weitestgehend über den „Weg nach Norden“ zu erreichen pflegte.

Dieser Guide klärte mich neben vielen anderen Dingen darüber auf, dass man nicht einfach „Norwegisch“ lernte, sondern dass die Kinder in der Schule sozusagen zwei Muttersprachen in Schriftform lernen dürfen: Bokmål und Nynorsk.

Nynorsk wurde von einem schlauen Mann, dem Sprachwissenschaftler Ivar Aasen, aus einer Vielzahl an regionalen Dialekten zusammengestellt, damit auch die gesprochene Mundart im Sinne der allgemeinen Fortschritts- und Gemeinschaftsbewegung endlich eine amtlich anerkannte Schriftsprache erhielt. Im Bürgertum fand das Nynorsk jedoch weniger Anklang, da es doch eher die Sprache des gemeinen, ländlichen Volkes widerspiegelte. Jedoch auch dort war man sich nicht immer grün mit dem Neunorwegischen, da es doch eine Art Flickwerk darstellte und eine komplexere Grammatik in sich barg. Heutzutage findet man das Nynorsk anteilsmäßig eher im ländlichen Westnorwegen.

Bokmål kann seine eindeutig dänischen Wurzeln nicht verbergen und ist, auch wenn die Norweger sehr stolz auf ihre lang errungende Unabhängigkeit von Dänemark (und Schweden) sind, mit denen sie in wechselnder „Allianz“ mehr oder weniger unfreiwillig verbunden waren, mit am weitesten im Land verbreitet, zählt man die sprachlich neutralen, dennoch eher Bokmål-lastigen Regionen hinzu.

Jede Region bzw. Gemeinde weist mundartlich dennoch weiterhin ihre eigene dialektische Färbung auf.

So kann es sein, dass ein in der Gemeinde Stryn sesshafter Niederländer in anderen Ecken Norwegens als ein waschechter, wenn auch sprachlich vielleicht etwas beschränkter Stryner-Norweger identifiziert werden könnte, so sehr variieren die Mundarten untereinander. In Stryn bleibt er natürlich der ewig Zugezogene.

Er gab diese und weitere Anekdoten stets mit einem überaus sympathischen Augenzwinkern zum Besten. Auch sonst ist er wohl zu jeder Art von Schandtat zu haben. Er war sich auch nicht zu schade, seine „Jungfräulichkeit“ unter Beweis zu stellen, während daheim eine Frau und, ich glaube, 2 Kinder auf ihn warteten. So kletterte er durch einen mutmaßlichen „Beweis-Stein“ mit Loch, von dessen Durchmesser ich behauptet hätte, dass man vielleicht mit 50 oder 60 Kilogramm mehr oder minder bequem hindurchgepasst hätte, ohne Gefahr zu laufen, am Ende doch noch sang- und klanglos steckenzubleiben.

Ich für meinen Teil verkniff mir diesen Test lieber, obwohl es an meinen Ausmaßen im Vergleich zu ihm auch nicht zwingend gescheitert wäre. Doch ich wollte mir eine ungelenke Blamage ersparen. Wer weiß, wie oft er an diesem Stein ohne Zeugen schon geübt hatte! Nein, nein, den Triumph gönnte ich niemanden.

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Beweis-Stein copyright by S. Schott

Über seine Jungfräulichkeit sollte er nun über jeden Zweifel erhaben sein!

 

Die Welt ist ein Dorf:

Während meiner Touren konnte ich neben vielen norwegischen (logisch), schwedischen und dänischen Kennzeichen auch mehrere vornehmlich aus dem Norden Deutschlands stammende feststellen. Selbst Österreich war vertreten!

Doch auch am hintersten Zipfel, auf einem an sich nicht allzu großen Aussichtspunkt, durfte ich ziemlich unerwartet auf ein Fahrzeug treffen, dessen Kennzeichen mich seltsam vertraut an meine Neuheimat erinnerte. Der Fahrzeughalter kam aus selbigen Landkreis, den ich aufgrund der Arbeit vor einiger Zeit zu meinem festen Wohnsitz bestimmt hatte.

Sollte mich der Weg einmal zur Antarktis führen, ich tät mich nicht wundern, sollte ich auch dort zwischen all den dort lebenden Pinguinen auf ähnlich Vertrautes stoßen.

Wir sind überall!

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Damit möchte ich für heute meine Ausführungen beschließen.

Ha det bra!

 


To-Do-Listen (16.12.2015)

 

Wer hat nicht schon mehr als einmal solch ein Exemplar ertüftelt und im Nachhinein zumindest teilweise verworfen?

To-Do-Listen, gerade jene die sich über mehrere Tage erstrecken und eigentlich konsequente Abarbeitung für sich reklamieren, sind ein Kuriosum und teilweise ein Ding der Unmöglichkeit an sich. Der erste Blick vermag oftmals zu täuschen.

Wurde der Plan einmal aufgestellt, begutachtet man sein Werk mehr oder minder beiläufig mit Stolz und schätzt sich hernach für überaus fähig ein, da man offensichtlich so viele verschiedene Dinge spielend unter einen Hut gestopft hat. Alles scheint möglich und (ein)lösbar.

Doch dann schreiten die Tage voran. Neue Dinge kommen dazwischen. Auf Arbeit hat es wieder länger gedauert. Die Wohnung möchte auch gern geputzt werden. Der Kühlschrank mosert sein 2 Tagen herum, dass er diese innere Leere auch nicht mehr lange aushalte. Und so schieben sich einige Punkte der unverbindlich terminisierten Arbeitsaufstellung auf. Zumeist betrifft es die, welche von vornherein als eher ungeliebt eingestuft worden sind und mehr lästige Pflicht als alles andere in sich bündeln.

Ach, das geht auch noch morgen. Das hat Zeit. Heute habe ich keine Lust mehr dazu.

Dumm ist nur, wenn man dadurch wieder einmal an seinen eigenen Ansprüchen scheitert. Mensch, das hättest du schon noch gepackt. Jetzt hast du später wieder mehr zu tun. Am Ende kommt bestimmt wieder etwas dazwischen.

 

Wie zu vermuten stand, liegt justament in diesem Moment solch eine To-Do-Liste neben mir. Wer hätte das gedacht?

Und ja: Ich habe schon vieles abgearbeitet.

Und ebenfalls ja: Fast genauso viele Notizen wollen noch feinsäuberlich mit zufrieden-lässiger Federführung vom besagten Papier als abgehakt gestrichen werden.

Die unaufschiebbaren und vor allem unausweichlichen Worterinnerungen sind wenigstens schon auf der großen grünen Wiese.

Jetzt kommt die „Kür“, welche ich im Anflug von Gewissensbissen schon x-mal zwischen den verbliebenen Tagen dieser Woche hin und hergeschoben habe. Besser wird es davon auch nicht, erst recht nicht, wenn da so ein dämlicher Schweinehund im Hinterstübchen hockt, der viel lieber selbstgebackene Plätzchen knuspert und selbstgemachten Gewürzkaffee* auf der heimischen Couch schlürft und sich den Räucherkerzchenduft um die Nase wehen lässt. Penetrant, dieser olle Sack!

 

 

 

* starker Filterkaffee mit Kardamom, Zimt und Zucker